Gastbeitrag Freelancer: Erdbeeren mit Senf

on Februar 11 | in 3 tagwerktipps, 6 Gastbeiträge, 9 Beiträge, Ideen, Träumereien | by | with No Comments

Autor: Klaus Frieler

Es ist schon merkwürdig, dass das Deutsche keinen wirklich adäquate Übersetzung für den Begriff des Freelancer bereithält, auch wenn einem viele Scheinalternativen in den Sinn kommen wie etwa Freiberufler, freier Mitarbeiter oder Freischaffender. Doch mit allen diesen Ausdrücken ist des Freelancers Kern nicht wirklich getroffen. Der klassische Freiberufler ist Arzt, Rechtsanwalt, Ingenieur oder Apotheker ohne Apotheke (mit Apotheke ist der Apotheker ein schnöder Gewerbetreibender). Das Gesetz definiert dafür die sogenannten Katalogberufe (was irgendwie die Hoffnung weckt, man könne man sich seinen Beruf bei Quelle bestellen). Spaßeshalber kann man als moderner Dienstleister mit Tätigkeitsbereichen, die es letztes Jahr noch gar nicht gab, mal versuchen sich dort wiederzufinden. Viel Glück!

Der „freie Mitarbeiter“, in der Tat oft ein Freelancer, meint erst mal nur jemanden, den man nicht regelmäßig beschäftigt und den man gefahrlos jederzeit freisetzen darf, wenn es einem in den Kapitalistenkram passt.  Insofern ist klar, warum freie Mitarbeiter „frei“ heißen.

Mit dem Begriff des „Freischaffenden“ hat man die Angelegenheit auch nur scheinbar gut am Wickel. Denn wenn man „freischaffender“ hört, hört man auch sofort „Künstler“ hinterher. Und diese sind bekanntermaßen entweder schwerreiche Kunstunternehner oder arme (aber glückliche) Schlucker. Oder Freelancer, aber nur übergangsweise.

Gut, ich geb’s zu, ich hab etwas geschummelt, um einen guten Einstieg zu haben, denn es gibt durchaus eine deutsches Wort für Freelancer. Das ist aber wirklich zu scheußlich, um außerhalb des sozialpädagogischen Bereichs benutzbar zu sein: Honorarkraft. Obwohl „Honorar“ schon gut klingt (nicht nur Geld, auch Ehre schwingt mit!) und „Kraft“ auch nicht schlecht ist. Aber manchmal steckt es halt in der Kombination: Wer ist schon gerne Erdbeeren mit Senf? Also: Honorarkraft geht gar nicht.

Auch eine wörtliche Übersetzung von Freelancer bringt einen nicht weiter. Denn „Freilanzer“ meint nichts anderes als „Söldner“, also jemand, der seine Lanze an den Meistbietenden verdingt. Das erzeugt keine wirklich schönen Assoziationen. Aber es fallen doch schnell Parallelen auf. Der Söldner liebt seinen Job, klar, aber zuvorderst ist er doch ein ziemlich gewissenloser Geselle, der sich auch dem letzten Schurken andient, wenn nur die Kohle stimmt. Leider hat auch der moderne Freelancer nicht immer die Wahl, sprich: die Rücklagen und/oder Erbschaft im Hintergrund, sich seine Auftraggeber wirklich frei auszusuchen. „Wes Brot ich fress, des Lied ich sing“, ist nur zu oft Realität. Das Problem wird nicht besser, wenn man an die Heerscharen von Freelancern denkt, die derzeit um Gunst und Brot konkurrieren. Da herrschen Zustände wie im 30-jährigen Krieg. Aber das ist damals wie heute nach Marktgesetzen zu verstehen. Im 30-jährigen Krieg gab es eine hohe Nachfrage nach Krieg, was eine große Zahl von Söldnern schuf, die wiederum mit Arbeit versorgt sein wollten und so eine Nachfrage nach Krieg erzeugten. Vielleicht hat der 30-jährige Krieg auch deswegen so lange gedauert? Wer weiß. Und heute, wo der Neoliberalismus seit fast 30 Jahren seine fröhlichen Parties für die oberen Zehntausend feiert, ist der Bedarf an flexiblen Arbeitskräften ebenfalls sehr hoch, und die dann wiederum ihr Auskommen sichern müssen…

Nein, nein, alles keine wirklich erfreulichen Parallelen. Dann vielleicht lieber eine andere Variante des Freelancers: Der Revolverheld. Der wortkarge Mann in Schwarz, glücksspielend, whiskytrinkend, kettenrauchend und extrem schnell schießend. Der in eine von Banditen terrorisierte Stadt kommt und gegen seinen Willen zum Sheriff gemacht wird. (Was ihn heimlich schmeichelt, denn es sind schließlich seine exorbitanten Fähigkeiten, die ihn für diesen Job prädestinieren. Und auch der wortkargste Mann in Schwarz sehnt sich im Grunde nur nach Anerkennung). Der gutes Geld für die gute Sache bekammt, de Banditen aus der Stadt zu treiben. Und wenn dann auch noch die ganze Chose verfilmt wird: Was will man bitteschön mehr?

Gut, wahrscheinlich sind mir die Parallelen zu den modernen Freelancern jetzt etwas abhanden gekommen, denn Filme wie „Für eine Handvoll Programmcode“, „Spiel mir das Lied vom Photoshop“ und „Schießerei am Adobe Corral“ sind mir zumindest noch nicht untergekommen. Aber man wird doch wohl mal träumen dürfen, oder?

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